John Deere-Lanz 1956-1968
(aus der Sicht eines hiesigen LM-Händlers)
Bevor ich beginne mal ein kleiner Vergleich:
Da reden und streiten ein paar Männer über ein Fußballspiel. Der Eine hat einen Bericht davon in der Zeitung gelesen, mit Bildern vielleicht. Der Zweite hat im Fernsehen einen Film darüber gesehen, der Dritte war im Stadion dabei. Der Informationsstand ist daher sehr unterschiedlich, man wird nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen, jeder hat es aus einem anderen Blickwinkel gesehen.
Ähnlich wird es mit meinem Vortrag sein. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zeigt nur einige Erinnerungen aus meinem Blickwinkel, wobei Daten und Zeiten nicht immer stimmen müssen. Man wird leider mit den Jahren etwas vergesslich.
Korrekturen könnt ihr ruhig anbringen, die von Gerhard Lämmler werde ich bestimmt akzeptieren!
Unser Status 1956-1968:
Ich will nicht bei Adam und Eva beginnen, obwohl ja in Mauer die Urmenschen zuhause sind.
Unsere Familie lebt ja nachweislich erst seit ca. 500 Jahren in Mauer. Seit vielen Generationen waren wir eine der beiden Schmieden im Ort und damit immer mit der Landwirtschaft und deren Geräten befasst.
So ab 1950 begann mein Vater mit dem Verkauf von Landmaschinen. Das Fabrikat KRONE wurde von meinem Vater in der Region eingeführt. Er war mit Bernard Krone, auch ein Schmiedemeister und LANZ-Händler aus Spelle bekannt, der ihn zum Verkauf seiner Geräte überredete.
Schlepper kamen etwas später, so ab 1953 wurden die LANZ D1706 und D2206 von uns verkauft. Wenn man mich so manchmal mit meinem D1706 unterwegs sieht, merkt man manchmal, dass ich zu dem Schlepper eine besondere Beziehung habe. Es war einer der ersten Bulldogs die wir verkauften, und ich war beim abholen in Mannheim dabei.
Was war unser Händlerstatus damals:
Heute würde man sagen, ein typischer B-Händler. Die Großen in der Händlerszene (Schweitzer-Schlegel-Spitzer) hatten den Markt unter sich aufgeteilt. Und die Grenzen liefen mitten durch Mauer.
Wo wir jetzt sind war Schlegel-Gebiet, dort wo ich wohne war Schweitzer-Gebiet. Also mussten die Bulldogs immer beim zuständigen Händler eingekauft werden. Was nahm man nicht alles in Kauf um die Maschinen des Marktführers verkaufen zu können.
Wettbewerber gab es viele:
- Kirsch, Treibel, Lagerhaus Wiesloch, Wolf, Kornhaus SNH
Fabrikate in der Region:
- HANOMAG von Habicht-Mannheim
- DEUTZ von Treibel +Lagerhaus SNH
- FENDT von Lagerhaus Wiesloch
- MAN und KRAMER von Wolf
- PORSCHE+IHC+GÜLDNER von Kirsch
- UNIMOG von Hebag
- MF von Ankert in Kirchheim
- LANZ von Schweitzer, Schlegel, Spitzer
- HELA von Unkauf
- EICHER von Wolf Ittlingen, + Knorr Langenbrücken
- FAHR von Schmitt - Heddesheim
- BAUTZ von Treibel/Kirsch
- AGRIA von Völker Hebstahl
- HAKO von Kücherer Handschuhsheim
- GUTBROD von Lasi Oftersheim
Das Werk aus Händlersicht:
Ich bin zwar noch keine 80, aber so ab 1953 war ich üblicherweise zweimal pro Woche im Werk Mannheim.
Ich bin Gott sei Dank mit einem guten Gedächtnis der frühen Kindertage gesegnet. Da ist einiges haften geblieben.
Wir fuhren damals in den 50er Jahren mit unserem Käfer über die alte Reichautobahn nach Mannheim. Das rumpeln und rattern auf den alten Betonplatten werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen. Waren wir in Mannheim ging die Fahrt durch die Stadt, vorbei an Ruinen des Krieges, ganze Straßenzüge lagen noch in Trümmern. Dann ins Werk, Tor 2 von hinten, das war unser Eingang (ein kleiner Eingang da kannte uns jeder, da wurde nicht kontrolliert und man war auch gleich am Ziel, dem Ersatzteillager.
Parken und hinein in den Raum mit dem Schalter. Da bekam man alle Wünsche erfüllt. Herr Vögele am Schalter suchte die ET-Nummern heraus und schrieb die Bestellungen die dann ins Lager weitergegeben wurden. Dann kam das Warten bis die Teile kamen.
Meist kam dann nach langer Zeit der Herr (ich weiß leider den Namen nicht mehr) aus Sandhausen mit seinem roten LANZ-Fahrrad und brachte die benötigten Teile. Übrigens war auch Herr SANDER aus Schriesheim, der Vater von dem Sammler, dort beschäftigt.
Für mich als Kind wurde das Warten oft lang, aber ich durfte ja auf Entdeckungsreise durch die Fabrik gehen. Was gab es da alles zu sehen. Auf der Rampe standen die Umbaumotoren, das waren Halbdieselmotore komplett mit allen Blechteilen und, was mir noch genau in Erinnerung ist, mit den Scheinwerfern.
Die standen abholbereit da und das manchmal mit exotischen Versandadressen: Südafrika, Brasilien, Frankreich. Die Kinderphantasie war da natürlich voll am Arbeiten.
Gegenüber war das LOCH. Da waren vor dem Krieg mal einige Produktionshallen gestanden, so ca. 3-4m tief. Das waren noch alles Ruinen und so Anfang der 60er Jahre wurde das Loch zugeschüttet (da liegt noch einiges vergraben).
Daran habe ich aber noch eine ganz besondere Erinnerung:
Es war 1960 so Anfang des Jahres, wir waren mal wieder Ersatzteile holen, auf einmal rief mein Vater, schau mal da unten steht der neue LANZ!!
Was stand da unten im LOCH mit Grundfarbe lackiert? Der neue JOHN DEERE-LANZ T300, noch ohne Original-Haube, aber schon fertig. Wir waren beide gleich unten und mussten das neue Gerät mal untersuchen. Ich hatte ja damals noch keine Ahnung, aber der Schmiedemeister Georg Gutruf war begeistert, "den hätten sie schon vor 10 Jahren bringen sollen", war sein Kommentar. Später fuhren wir nach hinten zu den Produktionshallen, am LANZ-Denkmal vorbei 2.Halle links, da wurde die Produktion dieser Maschine vorbereitet. Ich erinnere mich noch, dass wir in den Motorenbau gingen, da kamen die Grundmotore aus USA an. Dann wurde umgebaut und ein Dieselmotor daraus gemacht. War interessant, denn am Ende des Bandes wurden die Motore zum Leben erweckt und mit viel Getöse an einer Wasserwirbelbremse getestet. Diese Bremse steht übrigens heute in meinem Betrieb.
Was gab es damals in den 60er Jahren im Werk so zu sehen? Der Bau 18 war für mich imposant. Da wurden noch einige Dreschmaschinen gebaut, aber der Renner waren die neuen Mähdrescher, der MD18S, der MD14Z, der MD25S und einige andere. Da wurde gehämmert und genietet und für mich war es das Größte mal auf so eine Riesenmaschine zu steigen. Im Bau 18 arbeitete auch der Karl Mergenthaler aus Mauer, er gab Werkzeug an die Arbeiter aus, und sorgte dafür, dass ich überall herumstöbern konnte.
Vom Bau 18 ging ich hinaus, da war der Versand. Da wurden die Maschinen in alle Welt verschickt.
Es war toll zuzusehen wie alles verladen und festgezurrt wurde. Dann kam eine kleine Dampflokomotive gefahren und holte die Waggons ab. Interessant war das Typenschild der Lok, da stand LANZ Mannheim drauf, die hatte man hier im Werk gebaut (schon lange her).
Ein eigenes Fotostudio gab es im Werk zu dem wir öfter mal hingingen, denn da gab es immer die neuesten Maschinen, die Erlkönige, zu sehen. Die waren da immer schon vor der offiziellen Vorstellung, es mussten ja Prospekte und Kataloge rechtzeitig angefertigt werden.
Auf der anderen Seite des Werkes, in der Nähe des Haupteingangs war der Versuch. In den 60er Jahren war man noch nicht so vorsichtig wie heute. Da konnte man noch hinein und schauen, an was gerade entwickelt wurde. Für mich als Kind war sehr interessant, dass die Schlepper über Holperstrecken immer im Kreis herum fuhren.
Ich begann 1964 meine Lehre als Landmaschinenmechaniker, da kam man dann recht schnell zu einem Lehrgang in Mannheim. Das war noch nicht so vornehm wie heute in Bruchsal. Die Schulung war damals im Keller des Ersatzteillagers, es ging etwas beengt zu. Aber es gab etwas Schönes, etwas das uns Oldtimerfreunde erfreut. Morgens, ich glaube so um halb zehn, hat es draußen auf der Rampe immer geknattert und ein –weißer- Alldog kam gefahren. Es war das Kantinenfahrzeug des Werkes mit Kaffee und Kuchen. Diese Alldogs sind bis weit in die 70er Jahre unterwegs gewesen, um Durst und Hunger zu stillen.
Das Fabrikat aus Händlersicht:
Es war eine Ehre wenn man LANZ verkaufen durfte, wenigstens Anfangs der fünfziger Jahre.
Das Fabrikat war heimisch, solide, teuer, hielt lange.
Doch später sollte sich das ändern.
Vielleicht dazu eine Chronik:
1956/57
Was war aktuell:
LANZ wurde von JOHN DEERE übernommen. Das war so als hätte man BMW nach Korea verkauft.
Doch es änderte sich äußerlich nicht viel. Es gab weiterhin die blauen D1616-D2416, Bulli, 1306, Alldog 13+18Ps, D1266, D1666 4016-6016, MD14Z, MD18S, SR1, Lader SR140, Mähbinder und verschiedene Kartoffelroder.
Aber die Werbung, die änderte sich, sie wurde pfiffiger. Die LANZ-Händler mussten Kinos mieten und darin LANZ-Werbefilme für die Landwirte zeigen.
Um die Kunden in die Kinos zu locken zeigte man zuerst Filme, die bei uns Kassenschlager waren (z.B. Ferien auf dem Immenhof). Dazwischen oder danach kamen die Werbefilme, die zeigten alle LANZ-Geräte im Feldeinsatz mit dramatischen Kommentaren und Tönen, die der Wochenschau nachempfunden waren.
Das kam an!
Dazwischen kamen jetzt aber auch Filme aus USA die Maschinen von JOHN DEERE zeigten. Der Stil war ähnlich der bekannten MARLBORO-Werbung. Wir die Jugendlichen waren davon natürlich sehr beeindruckt.
Jetzt legte die Firma LANZ Wert auf Vorführungen, überall und bei jeder Gelegenheit. Ich erinnere mich an eine Vorführung hier in Mauer. Ein LANZ-Mähdrescher MD14Z wurde vorgeführt, gezogen von einem Bulldog D2016. Der war natürlich viel zu schwach dazu und der Mähdrescher mit 1,40m Schnittbreite viel zu klein. Die Bauern waren nicht begeistert und wir konnten auch nichts verkaufen.
Aber es gab auf einmal ein internationales Angebot von Maschinen, es gab Pressen aus USA, die 214 war der Urvater aller modernen Hochdruckpressen mit Draht- und Garnbindung, kleinere Hochdruckpressen CB300 und Niederdruckpressen F90 aus dem französischen REMY-Werk.
Pressen aus Frankreich wurden angeboten. Die Schlegelhäcksler FH140 waren damals ein Verkaufsschlager.
1958-59
LANZ stand mit den Rücken an der Wand. Die Absatzzahlen gingen gravierend zurück. Die Kundschaft wollte den alten LANZ nicht mehr, er war total veraltet. Man musste etwas tun.
Man brachte Neuheiten: Die Motorbremse, Auspuff unten, grün-gelbe Lackierung wie bei den großen JOHN DEERE-Schleppern und etwas das nur den Amerikanern einfallen konnte: Der Name Bulldog sollte verschwinden. Es gab die Anweisung den alten Namen nur noch für die alten Glühkopfmodelle zu verwenden. Die, wie wir sie heute nennen – Volldiesel- hießen ab sofort LANZ-Dieselschlepper. Sie erhielten, wie großzügig, ein ganzes Jahr Garantie. Mähdrescher und Rübenvollernter waren die Hoffnung auf künftige Umsätze.
Mähdrescher aus Mannheim wurden zwar gut verkauft, aber es wurde kein Geld damit verdient. Sie waren einfach zu aufwendig gebaut, die alten Dreschmaschinen waren als neue Technik doch nicht zu gebrauchen.
Es wurde noch aufwendig genietet, viel Holz verarbeitet und einfach umständlich konstruiert.
Bei den Schleppern war Neues geplant, aber noch lange nicht fertig.
Der Neue war noch ein echter LANZ aus Mannheim. Man hatte ein neues Getriebe entwickelt. Es hatte 10 Vorwärtsgänge, 3 Rückwärtsgänge, 3 Zapfwellen und war sehr solide bis ca. 75 PS ausgelegt. Neuland bestritt man mit dem Vorderbau, ein Halbrahmen stellte eine solide Grundlage für die Maschine dar (wie vorher schon am BULLI praktiziert) und er entlastete den Motor von tragenden Aufgaben.
Damit wären wir am Motor, der war fast der Untergang der neuen Maschine. Dazu muss man das technische Umfeld jener Zeit sehen. Leichte Mehrzylinder-Zweitakter waren nach Ansicht vieler Konstrukteure die Zukunft. Viele Firmen fuhren darauf ab. Hanomag, Stihl, Sachs, Holder, Normag und viele mehr versuchten sich daran.
Doch uns interessiert Mannheim. Ich kann aus eigner Erfahrung zum neu entwickelten Motor etwas sagen. Ich habe ihn im Einsatz gehört, zwar nicht gefahren aber gesehen, und später mal 2 Exemplare geschenkt bekommen (die ich dann in meiner naiven Dummheit verschrottet habe).
Doch zurück zu dem Motor, soweit er noch in meiner Erinnerung existiert. Es war ein Zweizylinder Zweitaktmotor, wassergekühlt. Aber für die Technikfreaks hatte er einen Kompressor, ein so genanntes ROOTS-Gebläse. Es saß seitlich am Motor und wurde mit drei Keilriemen angetrieben (wie am HANOMAG).
Das zeigt schon, der Kraftbedarf war groß. Aber durch die Verwendung so eines Spülgebläses konnte man die Kurbelgehäusespülung weglassen. Jetzt hatte man eine Ölwanne mit Ölpumpe wie beim Viertakter.
Der Motor war schrecklich, er hatte durch seinen kleinen Hubraum von ca. 1200 cm³ und seine hohe Drehzahl von fast 3000 U/min ein sehr lautes Arbeitsgeräusch und er war fast immer kaputt.
Die Amerikaner hatten für solche Technik kein Verständnis und stoppten das Zweitaktprojekt.
Dann kann es aber dicke.
Die Amis brachen einen kleinen Benziner Vierzylinder-Viertaktmotor nach Mannheim mit der Aufforderung: macht daraus einen Motor für den Schlepper. Sch...., was soll so ein Benziner im Schlepper, jeder bei uns will einen Diesel. Doch man ging daran und baute den neuen Motor. Bosch lieferte die Einspritzpumpe, die Düsen und die Hydraulikpumpe, Sachs die Kupplung. Der Zylinderkopf mit den Wirbelkammern stammte in der Konstruktion aus USA. Man kombinierte alles, und irgendwann lief er, der Motor des T300 und T500.
28 bzw. 36 PS waren die Leistungsausbeute bei 2000 bis 2500 Umdrehungen.
Jetzt konnte man an den Markt gehen.
1960/61
Die neuen Schlepper T300-T500 wurden mit viel Getöse auf der DLG-Ausstellung vorgestellt. Es gab ein Vorführmodell für die Ausstellung mit einem Elektromotor. Er hatte die Fahrgestellnummer 100001. Ich weiß noch genau wie dieser Schlepper später jahrelang bei uns im Betrieb stand. Man hatte damit besonders die neue moderne Regelhydraulik mit Mischregelung vorgeführt.
Nach der 60er DLG lief der Verkauf an, sogar ganz gewaltig. Der neue JOHN DEERE-LANZ war in der Presse gut vertreten.
An ein kleines Detail der Werbeaktion kann ich mich noch erinnern. Man stellte bei laufendem Motor ein 5-Mark-Stück auf die Motorhaube. Das durfte nicht umfallen, damit konnte man die Laufruhe gegenüber den alten Einzylindern demonstrieren.
Was war in jenen Jahren im Werk Mannheim los. Die Umbaumotoren für die alten Einzylinder wurden, vor allem für den Export noch gebaut. Es gab billige Austauschmotore für Bulli, D1306 und Alldog, diese waren ja bekanntlich immer kaputt und mussten schnell und billig ersetzt werden. So ein Motor kostete damals, wenn ich mich recht erinnere nur ca. 100.- DM.
Abholungen von Neumaschinen im Werk waren damals noch möglich. War schön, da durfte ich oft mitfahren.
1962/63
Verbesserung der T300-T500 waren nötig, der Markt war völlig zusammengebrochen, die erste Euphorie über den neuen JOHN DEERE-LANZ war verflogen. Die Dinger waren einfach zu oft kaputt.
Doch was war kaputt? Eigentlich nur der Motor der aus USA aufgepfropft wurde. Die Hydraulik, die Bremsen und das Getriebe waren o.k.
Man änderte den Motor in vielen Punkten, leider ohne Erfolg, er blieb die Schwachstelle der Modellreihe.
Einführung neuer Modelle kam in den Jahren, der kleine T100 mit 2-Zylinder-Motor und der große T700 mit 50 PS rundeten das Programm ab.
So eine Erinnerung an jene Zeit war für mich der Verkauf eines T700 hier in Reilsheim um die Ecke. Es war der Schwager von unserem Gerle, der wollte einen T700, so eine richtige Großmaschine. Der Verkauf kam zustande, aber unter der Bedingung, dass er eine gewisse Menge an Kartoffeln an die Kantine in Mannheim liefern konnte.
Technische Probleme gab es mit den Maschinen viele, es gab auch keine Doppelkupplung, keinen Allradantrieb.
Die Marktanteile wurden immer schlechter.
Man versuchte die Kunden zu besänftigen mit billigen Reparaturteilen für die Schlepper. Der Umbausatz BL10097 für den Motor T300/T500 ist da so ein Beispiel. Das waren der Zylindersatz mit den Kolben, die mussten so alle drei Jahre mal ausgetauscht werden, da durch Kavitation die Dichtflächen zerfressen waren und Wasser ins Motoröl lief.
Das Ersatzteillager war damals sehr wichtig, es musste für die Fehler der Konstrukteure büßen. Aber es gab in dem Bereich auch etwas Neues. Die EDV, das hieß damals noch ganz anders -Elektronenrechner- von IBM hielten in Mannheim Einzug. Wenn ich mir die so aus heutiger Sicht vorstelle, so konnten sie einen Bruchteil eines heutigen PC's aber sie füllten einen ganzen Saal mit Technik. Draußen im Lager sah man jetzt immer mehr Hollerith-Karten, die vom Rechner ausgespuckt wurden.
Technisch gab es zu dieser Zeit auch etwas interessantes. Das stufenlose Getriebe wurde von JOHN DEERE-LANZ damals schon gebaut. Man nahm einen Schlepper der aktuellen Serie 00 und baute ein Getriebe mit einem REIMERS-Kettenwandler ein. Es war ein Variatorgetriebe, das nicht mit Keilriemen, sondern mit einer Metallkette mit so genannten Schubgliedern betrieben wurde. Diese Getriebe waren bei Werkzeugmaschinen üblich, im Ackerschlepper jedoch ein Novum.
Man baute in Mannheim ca. 100 dieser Schlepper und verkaufte sie zu Testzwecken an Bauern. Die Maschinen sollten nach einem Jahr ans Werk zurückgegeben werden. Viele Bauern weigerten sich jedoch nach der Zeit diese tollen Maschinen zurückzugeben und erst einige Prozesse brachten die Schlepper ins Werk zurück. Dort wurden sie sofort verschrottet und die Entwicklung eingestellt. Schade, ich habe nur mal so eine Kette vom Werk mit nach Mauer gebracht.
1964
Die Verkaufszahlen der 00-Modelle waren inzwischen ganz am Boden.
Es war Zeit für etwas Neues. Herbst 64 wurden neue Modelle vorgestellt: 310 32 PS, 510 40 PS und 710 50 PS.
Was war neu?
Es gab einen neuen Dieselmotor aus USA. Einen modernen Motor der den Europäern die Richtung zeigte. Ein Direkteinspritzer mit drei oder vier Zylindern. Eingebaut wurde er zwar in den alten Schlepper, aber es wurde einiges geändert. Die Halbrahmen-Bauweise wurde verlassen, der stabile Motor war nun tragendes Bauteil des Schleppers. Die Schaltung ging jetzt butterweich und sogar eine Doppelkupplung fand Einzug in die Konstruktion. Mit den Neuen gingen die Verkaufszahlen langsam wieder aufwärts.
Neue Mähdrescher waren jetzt auch fällig. Die alten Modellen waren auf dem Markt nicht mehr zu verkaufen.
Da übte JOHN DEERE mal seine Macht aus und verlangte einen gründlichen Schnitt. Die alten, im Mannheim gebauten Modellreihen wurden, bis auf den MD150S komplett eingestellt. Die Neuen, die jetzt aus dem Werk Zweibrücken kamen, waren vollkommen neu für europäische Verhältnisse konstruiert. Es hatte umfangreiche Kundenbefragungen gegeben, welche Maschinen auf dem Markt verlangt wurden. Es waren also keine amerikanischen Modelle die da gebaut wurden, sondern richtige europäische Gewächse, wenn man mal vom Motor und dem Schaltgetriebe absieht.
Full-Liner
Das war das Schlagwort in USA. Ein großer Hersteller sollte die ganze Palette von Maschinen für den Landwirt liefern. Klappte auch in Übersee. Doch Deutschland war anders, da gab es viele kleinere Spezialhersteller die mit ihren Produkten z.B. Pflügen, Mähwerken, Stalldungstreuern usw. Marktführer waren. Man konnte bei JDL nicht alles neu entwickeln und produzieren, das hätte die Möglichkeiten überstiegen. Was tat man? Wie in USA Firmen übernehmen oder Kooperationen eingehen und die Geräte in grüner Farbe verkaufen.
Mal so eine kleine unvollständige Liste:
- KÖLA Ladewagen, Anhänger
- HUARD Pflüge
- RAUCH Düngerstreuer
- STOCKEY&SCHMITZ Mähwerke
- REMY Pressen und Wender
- BAAS Frontlader
- FRITZMEIER Verdecke
Doch die JOHN DEERE-LANZ Ära ging langsam zu Ende. Die Konzernzentrale in USA war mit der Arbeit der Mannheimer absolut nicht zufrieden. Man wollte Marktführer in Europa werden und Geld verdienen. Man hat die Europäer so langsam entmachtet und praktisch zu einer Filiale des US-Schlepperwerkes gemacht.
- 1967
Die Eberthalle in Ludwigshafen zeigte was man darunter zu verstehen hatte.
Die Vorstellung der 20er Schlepperserie überraschte die Fachwelt.
Was stellte man vor?
Den neuen Namen, JOHN DEERE-Werke Mannheim, Zweigniederlassung der Deere&Co.
Die neuen Grundmodelle 1020+2020 kamen direkt aus USA und wurden in Mannheim nur an die europäischen Bedingungen angepasst. Einige Zwischenmodelle, der 820, 920, 1120 und 2120 durften in Anlehnung an die Grundmodelle konstruiert werden. Gebaut wurden sie alle in Mannheim, aber mit einer Vielzahl von Komponenten aus USA.
Der Name JOHN DEERE-LANZ hat aber überlebt. Dieser Firma gehört das Werk Mannheim, das die JOHN DEERE-Werke gemietet haben.
Nur ist auch der Besitzer der JDL-Werke zu 99% John Deere USA. 1% soll noch der Familie Lanz gehören. Soweit meine letzten Informationen.
Sie können jetzt alle in diversen Büchern nachlesen und kontrollieren ob ich alles richtig erzählt habe. Ich habe sie bei der Vorbereitung dieses Vortrags absichtlich nicht gelesen. Erstens weil ich weiß, dass da einiges nicht stimmt, zweitens soll man sich, wie ich meine, auch mal nur auf das eigene Gedächtnis verlassen, selbst wenn sich dann auch mal ein Fehler einschleicht.